Lidl Österreich: Christian Schug: Die richtig...
 
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Christian Schug: Die richtigen Dinge richtig machen

Das ist für Mag. Christian Schug die hohe Kunst des Geschäftsalltags. Im CASH-Interview spricht der Vorsitzender der Geschäftsleitung von Lidl Österreich über die positive Jahresbilanz, die Expansionspläne des Diskonters und das neue Logistikzentrum in Großebersdorf (NÖ).

Christian Schug: „Wir sind ein Diskonter und das werden wir bleiben.“
© Lidl Österreich/Andreas Hechenberger
Christian Schug: „Wir sind ein Diskonter und das werden wir bleiben.“
Das neue Logistikzentrum in Großebersdorf (NÖ) nimmt Gestalt an.
© Lidl Österreich
Das neue Logistikzentrum in Großebersdorf (NÖ) nimmt Gestalt an.
CASH: Herr Schug, das Jahr 2018 war ein sehr herausforderndes für den Lebensmittelhandel. Die Diskonter konnten Nielsen-Analysen zufolge nicht mehr so stark zulegen, wie das in den vergangenen acht Jahren der Fall war. Wie hat sich Lidl Österreich im Vorjahr geschlagen?
Christian Schug: Der Markt ändert sich laufend, ebenso wie die Konsumgewohnheiten. Der Wettbewerb wird härter, das ist keine Frage. Der Diskont konnte aber auch im Vorjahr wieder zulegen und Lidl Österreich wächst bei Betrachtung der GfK-Zahlen weiterhin über dem Marktdurchschnitt. Konkret haben wir unseren Umsatz im Geschäftsjahr 2018/2019 erneut gesteigert und 1,35 Milliarden Euro erwirtschaftet. Besonders stolz sind wir darauf, dass wir als einer der wenigen in der Branche unseren Marktanteil laut GfK auf 6,5 Prozent ausgebaut haben. Wir haben es als Format gut geschafft, unsere Vorteile beim Kunden klarzumachen und sehen hier noch viel Potenzial. Das stimmt uns sehr positiv für die Zukunft.

Sie sprechen von großem Potenzial. Wie wollen Sie Lidl Österreich denn weiterentwickeln, um auch in Zukunft gut aufgestellt zu sein?
Wir werden weiter expandieren, auch auf bestehenden Flächen wachsen und so Marktanteile dazugewinnen. Die Investitionssumme erreicht heuer einen Rekordwert von rund 150 Millionen Euro. Auf diesem Weg begleitet uns natürlich eine Strategie. Wenn Sie bei uns einkaufen, werden Sie das die nächsten Jahre hoffentlich bemerken.

Sieht diese Strategie auch eine Veränderung Ihres Vertriebstyps vor? Ganz so klar wie in der Vergangenheit lassen sich die Grenzen der einzelnen Formate am Markt ja nicht mehr abstecken.
Wir sind ein Diskonter und das werden wir bleiben. Dass sich das Format weiterentwickelt hat ist klar, aber es ist eben immer noch Diskont – nur zeitgemäßer: Mit unseren Preis-Einstiegs-Produkten bedienen wir nach wie vor die preissensiblen Kunden. Gleichzeitig bieten wir jeden Tag Frische, Regionalität, Vielfalt und auch Nachhaltigkeit zu einem top Preis-Leistungs-Verhältnis. Nur geprüfte Qualitäten und Top-Lieferanten haben die Chance, bei uns ins Sortiment zu kommen. Das sind im Übrigen auch einige jener Vorteile, die die Kunden an Lidl Österreich so schätzen.

Mit einem top Preis-Leistungs-Verhältnis werben aber auch die Supermärkte immer stärker um die Konsumenten. Wie sehr setzen Sie deren Dauertiefpreise und die verstärkte Aktionspolitik eigentlich unter Druck?
Das gehört immer schon zum Geschäft und ist nichts Neues. In diesem Punkt bleiben wir unserer Strategie treu. Wir bieten seit jeher das beste Preis-Leistungs-Verhältnis, und das lohnt sich für die Kunden. Jeder, der clever ist und mit Hausverstand bei Lidl einkauft, merkt das am Ende des Tages im eigenen Börserl.

Der traditionelle LEH hat in der Vergangenheit auch sein Eigenmarkenportfolio stark ausgebaut – eigentlich seit jeher ein Steckenpferd des Diskonts, der im Gegenzug wiederum sein Markenartikelportfolio erweitert. In welche Richtung wird sich Lidl Österreich entwickeln?
Die Relation zwischen Eigenmarken und Marken ist stabil und liegt in etwa bei 80:20. Das ist für unser Format derzeit ideal. Wir sind aber jederzeit in der Lage, beispielsweise kurzfristig über das Aktionsgeschäft zu reagieren, um die Kundenbedürfnisse entsprechend zu erfüllen. Unser Fokus liegt aber nach wie vor klar auf unseren österreichischen Eigenmarken und diesen Weg belohnt der Kunde auch. Mit unserer Premium-Eigenmarke „Ein gutes Stück Heimat“ bieten wir zum Beispiel eine exklusive Bio-Marke an. Hier finden sich nur regionale, heimische Artikel, die zu 100 Prozent Bio, zu 100 Prozent palmölfrei und fast ausschließlich AMA-zertifiziert sind. Wir punkten bei den Kunden deutlich mit Frische und Regionalität, werden unseren Fokus auch weiterhin darauf legen und sind für neue Partnerschaften und Kooperationen mit österreichischen Lieferanten und Erzeugern immer offen.

Wie hoch ist denn der Anteil österreichischer Artikel im Portfolio aktuell?
Fast 50 Prozent aller verkauften Lebensmittel stammen bei uns heute aus Österreich. Das sind immerhin über 350 Millionen österreichische Produkte, die jährlich über das Kassaband gehen. Seit 2014 arbeiten wir mit der Kulinarik-Initiative „Genuss Region Österreich“ zusammen und bieten damit auch kleineren Bauern und Landwirten eine große Bühne. Allein 2018 gingen fast 320.000 Produkte der Genuss Region über die Ladentische.

Backshop, Frischfleisch-Angebot und Bio-Produkte – das Sortiment von Lidl Österreich wird immer komplexer, wie geht sich das kostenseitig überhaupt noch alles aus?
Natürlich arbeiten wir immer daran, uns zu verbessern und das Sortiment für die Kunden weiterzuentwickeln. Dabei so einfach und effizient wie möglich zu bleiben ist tatsächlich eine große Herausforderung. Die Kunst ist es, die richtigen Dinge richtig und richtiger zu machen. Und den Blick für unnötige Kosten nicht zu verlieren.

Ist das auch der Grund, warum es nach wie vor keinen eigenen Lidl-Onlineshop gibt?
Im Moment würde sich ein groß angelegter Onlineshop für den Food-Bereich für uns noch nicht rechnen, denn die Zustellung von frischen Lebensmitteln ist ein großer Aufwand. Wir arbeiten aber weiter an der Ergänzung unserer Marke und haben beispielsweise Ende Oktober 2018 mit „Lidl bringt’s“ erfolgreich ein Non-Food-Zustellservice gelauncht, wo wir Warengruppen anbieten können, die wir bisher nicht im Programm hatten – vom E-Bike bis zum Kühlschrank. Dieser Service ist sehr erfolgreich angelaufen und die Umsätze sind auf einem Niveau, das wir erwartet haben.

Und wie zufrieden sind Sie mit der Lidl Plus-App, die es nun bereits seit knapp über einem Jahr gibt?
Mit Lidl Plus haben wir eine Vorteils-App für unsere Kunden ins Leben gerufen, die super ankommt: Heute nutzen sie ­mittlerweile über 600.000 User. Die digitale Kundenkarte bringt unseren Kunden jede Menge Vorteile wie den digitalen Kassenbon, Rabatte und Gutscheine, Loyalitätsprogramme und vieles mehr. Wir sind sehr zufrieden. Sie haben vorhin gesagt, dass Sie neben dem Wachstum auf bestehender Fläche auch weiter expandieren möchten.

Wie viel Platz gibt es für Lidl in Österreich angesichts der ohnehin schon sehr hohen Filialdichte überhaupt noch?
Aktuell stehen wir bei 246 Filialen und auch heuer werden wieder mindestens fünf neue Märkte dazukommen. Wir investieren seit Jahren stark in unser Filialnetz und die dafür notwendigen Logistikzentren. Was die Filialanzahl betrifft, wollen wir uns nicht einengen: Es gibt noch viel Potenzial für uns in Österreich, vor allem in den großen Ballungsräumen wie in Wien oder anderen Landeshauptstädten. Aber ich denke, dass eine Endausbaustufe rund um die 300-Filial-Marke liegen wird.

Wie sehr machen Ihnen dabei die schärfer werdenden Raumordnungsgesetze zu schaffen?
Die Raumordnung spornt uns zu neuen Höchstleistungen an und wir reagieren auf die Gegebenheiten in den jeweiligen Bundesländern mit unterschiedlichen Filialtypen in unterschiedlichen Größen. Vor allem in den Ballungsräumen sind die Flächen begrenzt und begehrt, die Quadratmeter-Preise dementsprechend hoch. Deshalb geht es klar Richtung Multi-use-Standorte. Wir haben den Pilotmarkt in der Wiener Sagedergasse auf den Weg gebracht. Aktuell im Bau ist ein Markt in der Wiener Laxenburgstraße, wo mit unserem Lidl-Markt ein Kindergarten entstehen wird. Auch im Grazer Citygate ist ein weiteres Projekt auf Schiene. Über dem Markt gibt’s dann ebenfalls einen Kindergarten und Wohnungen. Das sind allesamt interessante Projekte, aber sehr aufwendig. Wir machen das nie alleine, sondern immer mit Partnern und sind stets auf der Suche nach passenden Kooperationen.

Und wie läuft es mit der Mitarbeitersuche für das neue Logistikzentrum in Großebersdorf, das eine Schließung des Standorts Müllendorf zur Folge hat?
Wir haben unsere Mitarbeiter in Müllendorf bereits im Herbst letzten Jahres ausführlich darüber informiert und gemeinsam mit unserem Betriebsrat einen umfangreichen Sozialplan erarbeitet. Wichtig dabei: Jeder Mitarbeiter, der will, kann nach Großebersdorf mitgehen – wir bieten parallel zum Sozialplan zusätzlich freiwillige Unterstützung an. Unser Ziel ist, dass möglichst viele Kollegen aus Müllendorf weiterhin für Lidl Österreich arbeiten. Unser modernes Lager im niederösterreichischen Großebersdorf wird mit Anfang 2020 den Teilbetrieb aufnehmen. Insgesamt sollen von dort aus dann über 100 Filialen beliefert werden. Im Vollausbau stehen dann 240 Arbeitsplätze zur Verfügung. Die Mitarbeitersuche startet bereits im Sommer 2019.

Herr Schug, vielen Dank für das Interview.
Factbox Lidl Österreich

Nettoumsatz 2018/19: 1,35 Mrd. Euro
Mitarbeiter: über 5.000
Lehrlinge: rund 100
Filialanzahl: 246
Investitionsvolumen: 150 Mio. Euro
Eigenmarkenanteil: 80 % (20 % Marke)
Quelle: Unternehmensangaben

Plastik vermeiden
Mit der konzernweiten 360-Grad-Plastivermeidungstrategie setzt Lidl Österreich im Jahr 2019 einen seiner größten Schwerpunkte im Bereich der Nachhaltigkeit. „Wir haben bereits 2015 Einweg-Plastiksackerl aus dem Verkauf genommen. Bis heute haben wir schon viele Maßnahmen umgesetzt, wie zum Beispiel weniger Verpackung bei Bio-Bananen und Waschmitteln, umweltfreundliche Zellulosenetze bei einigen Bio-Gemüsesorten oder die Steigerung des Recyclinganteils und Verringerung des Gewichts bei PET-Flaschen. Außerdem bieten wir ab sofort biologisch abbaubare Obst- und Gemüsesackerl als Alternative für die konventionellen Knotenbeutel an. Für die Zukunft haben wir drei große Ziele definiert: 20 % weniger Plastikverpackung bis 2025, 100 % recyclingfähige Kunststoffverpackungen bis 2025 und das Aus für Einwegplastik bis Ende 2019“, erklärt Christian Schug. Darüber hinaus will der Diskonter mehr Bewusstsein für ein verantwortungsvolles Handeln gegenüber Konsumenten, Lieferanten, Partnern, Mitarbeitern, Umwelt und der Gesellschaft schaffen. Der Anteil österreichischer und regionaler Produkte soll weiter ausgebaut, Ressourcen effizient eingesetzt, umweltschädliche Emissionen so niedrig wie möglich gehalten und Abfälle reduziert werden. Details dazu gibt’s auf www.aufdemwegnachmorgen.at.
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