Hans Hoppenbrouwers, Sales Director beim Kundenbindungsexperten BrandLoyalty, schildert, wieso europäische Händler in Sachen Kundenbindung noch Aufholbedarf haben und dass jeder investierte Euro doppelt oder dreifach zurückkommt.
Welche Händler sind das, können Sie ein paar größere nennen?In Österreich, aber auch international betrachtet, sind Spar und Rewe sehr wichtige Kunden für uns. International sind Carrefour, Coop, Auchan, Ahold, Sainsbury’s, FairPrice und Lidl unsere ganz großen Partner.
Gibt es eine bestimmte Kampagne, mit der Sie heuer besonders erfolgreich waren? Für uns ist eine Kampagne erfolgreich, wenn unser Kunde zufrieden ist. Glücklicherweise war das heuer immer der Fall. Aber es gibt eine, auf die wir besonders stolz sind: Wir haben im August eine Disney-Sammelpromotion für Kinder bei Sainsbury’s in England gestartet, wo erstmals alle Disney-Lizenzen also Pixar, Star Wars, Heros und Marvel in einem Programm integriert sind.
Wieso ist das etwas Besonderes, wie profitieren Ihre Kunden davon?Eigentlich profitieren vier verschiedene Akteure davon. Die Kunden von Sainsbury’s erhalten eine Belohnung für ihre Treue. Sainsbury’s wiederum profitiert von einer höheren Kundenfrequenz und im besten Fall auch noch von einer höheren Bonsumme, da viele Kunden meist für die gesamte Sticker-Kollektion sammeln. Und Disney profitiert davon, da es sich um ein national ausgespieltes Programm handelt, bei dem alle Lizenzen und Studios einem breiten Publikum wieder in Erinnerung gerufen werden. Und wir sind zufrieden, weil wir ein erfolgreiches Programm initiiert haben.
Sammelpromotions kommen bei den Kunden also gut an. Wird eigentlich mehr analog oder digital gesammelt?Wir sehen, dass es weltweit je nach Region unterschiedliche Reaktionen auf digitale Programme gibt. Asien und USA sind im digitalen Bereich bereits erfolgreich und viel weiter als Europa. Hier sind die Händler etwas zurückhaltender und auch die Kunden sind vergleichsweise ängstlicher, wenn es um ihre Daten geht. Deshalb empfehlen wir Händlern auch, sowohl digitale als auch analoge Sammel-Möglichkeiten zu bieten, damit sich kein Kunde ausgeschlossen fühlt. Wir haben vor wenigen Wochen mit Albert Heijn in den Niederlanden eine solche Sammelaktion gestartet.
Was sind denn die großen Vorteile von digitalen Programmen?Der große Vorteil für den Händler ist, dass er mit seinen Kunden über das Programm 24/7 kommunizieren kann und nicht erst warten muss, bis diese im Geschäft sind. Er kann auch gezielter jene Kundenschichten ansprechen, die er erreichen will. Die gesamte Kundenbindungs-Kampagne wird dadurch exakt messbar. Der Händler sieht so ganz schnell, dass jeder investierte Euro doppelt oder dreifach zurückkommt.
Warum sind solche Programme in Österreich kaum vorhanden? Trauen sich die Händler zu wenig? Digitale Sammelprogramme sind in Europa generell noch nicht so groß und beliebt wie in Asien und Amerika. Österreich ist da leider keine Ausnahme. Ich würde mir wünschen, dass sich die Händler hier mehr trauen.
Wo liegen denn für Sie als Experte die großen Herausforderungen in den Gesprächen und Verhandlungen mit Händlern, wenn es darum geht, neue Trends am POS umzusetzen?Ich denke, eine der größten Schwierigkeiten ist, dass ziemlich viele österreichische Einzelhändler einen etwas ausgeprägteren Kopiergedanken haben. Damit meine ich, dass sie sich häufig an den Aktionen ihrer Mitbewerber orientieren – und zwar sowohl im Hinblick auf die Mechanik als auch auf die Preisgestaltung. Es kommt zum Beispiel fast nie vor, dass die Treueprodukte gratis angeboten werden, sodass die treuen Kunden nichts mehr aufzahlen müssen. Rein rechnerisch können wir jedoch mit Sicherheit sagen, dass sich das nicht negativ auf das Budget auswirken würde, sondern sogar noch Geld bringt.
Aber wie kann man Geld verdienen, wenn man die Produkte verschenkt?Die Kunden entscheiden sich bei der Aussicht auf ein hochwertiges Produkt, für das sie nichts extra zahlen müssen, häufiger dafür, all ihre Einkäufe ausschließlich bei diesem Händler zu tätigen. Das bringt infolge mehr Umsatz.
Und wieso machen es die Händler dann nicht?Es ist schwierig zu sagen, aber ich denke, es liegt zum Teil daran, dass die Finanzierung von Treueprogrammen bei den meisten Händlern in Österreich aus dem Marketing-Budget kommt. Ich verstehe, dass ein Marketingleiter nicht 80 Prozent seines Jahresbudgets für ein Treueprogramm ausgeben will, da er sonst nicht mehr viel Spielraum hat, um auf den Markt zu reagieren. Es ist also eine Grundsatzproblematik. Treueprogramme haben zu 100 Prozent Einfluss auf das gesamte Geschäft, daher muss ihre Finanzierung auch auf höchster Ebene angesiedelt sein.
Hat das Thema Kundenbindung im Handel einen zu niedrigeren Stellenwert?Ich denke, dass Kundenbindung bei österreichischen Händlern zwar ein wichtiger Punkt ist, aber eben noch nicht der wichtigste. Ich würde mir wünschen, dass sich hier einer mal nach vor traut und etwas Neues probiert.
Neben der Digitalisierung spielen Emotionen in der Kundenbindung eine große Rolle. Was gehört da alles dazu?Emotionen sind im gesamten Handel das Allerwichtigste. Sie spielen bei der Wahrnehmung des Warenangebots unter anderem der Frische eine wichtige Rolle und beeinflussen, ob sich der Kunde im Geschäft wohlfühlt. Sie sind der wichtigste Hebel, um eine Veränderung im Verhalten der Kunden zu bewirken. Besonders erfolgreiche Kampagnen sind oft jene, bei denen sehr hochwertige Produkte verschenkt werden oder Lizenzen aus bekannten Filmen und Serien eingesetzt werden, wie zum Beispiel bei der Disney-Sammelpromotion für Kinder.
Herr Hoppenbrouwers, vielen Dank für das Gespäch! Retail Loyalty Congress 2019
BrandLoyalty veranstaltete heuer vom 24. bis 25. September 2019 den 8. Retail Loyalty Congress unter dem Motto „dare to differentiate“ in Amsterdam. Den rund 500 Gästen, darunter Händler, Partner und Stakeholder von BrandLoyalty, wurden an zwei Tagen die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse aus dem Bereich Kundenbindung präsentiert. Internationale Speaker, viele von ihnen Händler, sprachen unter anderem über ihre Erfahrungen mit Kundenbindungskampagnen und gaben Praxisbeispiele aus dem Alltagsgeschäft. Darüber hinaus entführten Experten aus dem Gebiet der Psychologie die Besucher in die Welt der Konsumenten und schilderten welche Emotionen etwa Hintergrundmusik oder Farben im Geschäft bei den unterschiedlichen Charakteren auslösen. Die Gäste konnten die Vorträge und Masterclasses heuer erstmals ihren Interessen entsprechend wählen. Bei den Showcases zwischendurch zeigten die BrandLoyalty-Experten, welche Themen derzeit bei Kampagnen im Fokus stehen. So erklärten sie unter anderem wie sich das im Handel überaus wichtige Thema Nachhaltigkeit in Kundenbindungsprogramme integrieren lässt.