Anfang Oktober des Vorjahres übernahm Reinhold Gütebier als neuer CEO die marode Möbelhauskette Kika/Leiner. CASH sprach mit dem erfahrenen Manager über die wichtigsten Sanierungsschritte, über die noch schärfere Doppelstrategie und über Expansionspläne.
Was zum Beispiel?Die Gangführung, die Präsentation, die gesamte Inszenierung, die Deko, das Sortiment. Ich hatte das Gefühl, dass vor unserer Übernahme nicht mehr gearbeitet wurde. Vor allem aber war das gesamte Sortiment nicht mehr schlagkräftig genug, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.
Lag das an den agierenden Personen, am Personal?Nur zum Teil, der Großteil lag primär bei der ganzen Steinhoff-Misere, weil keine Zahlungen mehr erfolgten und somit viele Anbieter nicht mehr lieferten.
Und wo setzt man als Sanierer den Hebel an?Wenn Kunden verunsichert sind, halten sie sich logischerweise bei den Käufen zurück, sie kaufen also weitaus weniger bis gar nicht. Daher war es meine vordringlichste Aufgabe den Kunden zu sagen, Kika/Leiner ist wieder da, sie können uns wieder vertrauen. Mein klar definiertes Ziel ist es, wieder zu alter Stärke zurückzukehren.
Das bedarf aber sicher jede Menge Investitionen …?Zum Glück haben wir mit René Benko einen Investor, der nicht nur Geld, sondern auch Sicherheit bietet. Ich persönlich hege ein ausgezeichnetes Verhältnis zu Herrn Benko, er interessiert sich für Ergebnisse, eignet sich Möbelwissen an und ich habe manchmal das Gefühl mit einem alten Hasen aus der Möbelbranche zu sprechen.
In Ihrer Antritts-Pressekonferenz im November 2018 haben Sie unter anderem gemeint, es werde keine Rabattschlachten geben. Nun wird derzeit alles um 30 Prozent billiger angeboten. Eine neue Strategie?Nein, aber ich will und muss mit dem Wettbewerb auf Augenhöhe agieren. Punktuelle Aktionen gehören zum Handel dazu, nur so bleiben wir wettbewerbsfähig und attraktiv. Der Kunde wünscht sich von uns ein tolles Sortiment, professionelle Beratung und letztlich eben auch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Kika/Leiner wird also wieder beliefert?Ja, einerseits sind uns langjährige Lieferanten treu geblieben und ihre Unterstützung in den letzten Monaten zeigt die starke Partnerschaft und das Vertrauen in die Marken. Andererseits freuen wir uns seit unserer Übernahme auch über erste neue Partner und unsere Kunden können in den nächsten Wochen und Monaten auf viele Sortimentsneuheiten gespannt sein.
Die Veränderungen zeigen sich wie?Mit schönen, kontinuierlichen Zuwachsraten im hohen einstelligen Prozentbereich und vorweihnachtlich mit den höchsten Tagesumsätzen in der gesamten Firmengeschichte. Wohlgemerkt alles unter dem Aspekt, dass der gesamte Möbelhandel eher rückläufig ist. So betrachtet profitiert die ganze Branche von unserem Aufschwung.
Sieht man sich Möbelwerbung genauer an, so dominiert eindeutig besagter Preiskampf.Werbung sorgt für Aufmerksamkeit und Preiswerbung bringt die Menschen in die Märkte. Wenn sie dann bei uns sind, dann möchten wir mit unseren Produkten und deren Präsentation überzeugen. Darum liegt mir die Inszenierung in den Häusern besonders am Herzen. Wir wollen unsere Kunden inspirieren und ihnen Ideen für ihr Zuhause geben – und zwar in bester Qualität mit einem attraktiven Preis.
Wobei in Sachen Marktführerschaft Kika/Leiner noch Luft nach oben hat.
Keine Angst, wir geben ordentlich Gas. Wir möchten in der Champions League mitspielen und streben das Endspiel an.
Wo sehen Sie die Assets von Kika/Leiner gegenüber Marktführer XXXLutz?Gewonnen wird auf der Fläche. Da werden wir uns hinkünftig völlig anders präsentieren. Und zwar mit beiden Marken.
Das heißt, die Doppelstrategie bleibt. Wie sieht sie im Detail aus?Kika ist trendbewusster, jünger mit breitem Preiseinstieg bis zur gehobenen Mitte. Leiner wiederum ist wertiger, hat ein gehobenes mittleres Segment und wird ein Premiumsegment dazubekommen. Mit österreichischen und internationalen Marken.
Back to the roots?Ja und nein. Was sich in der Vergangenheit bewährt hat, wollen wir wieder aufgreifen, aber unsere Kunden können sich auch auf so manche Neuigkeiten freuen.
Was können wir werblich erwarten, werden sie eine Agentur beschäftigen für beide Marken oder unterschiedliche Agenturen?Wir haben intern eine Marketingabteilung, die für beide Vertriebsschienen arbeitet, für die Kunden planen wir eigenständige Markenauftritte für Kika und Leiner. Wir haben bereits damit begonnen, die Feinjustierung erfolgt in den nächsten Monaten. Zusätzlich haben wir ein Kompetenzzentrum gebildet, bestehend aus drei internen und drei externen Mitarbeitern, die unter meiner Regie alle Häuser aufsuchen um festzustellen welchen Modernisierungsbedarf es gibt.
Bei der seinerzeitigen Pressekonfernez sprachen Sie von zwölf bis 14 Prozent Onlineumsätzen. Das wäre praktisch von Null auf Hundert. Wie werden sie das bewerkstelligen?Mir ist bewusst, dass wir da enormen Aufholbedarf haben. Aber seit 1. Dezember haben wir diesbezüglich einen Spezialisten im Haus, der das Onlinegeschäft bereits bei einem Konkurrenzunternehmen sehr erfolgreich in die Spur gebracht hat.
Stichwort Mitarbeiter. Wie sieht es mit dem Personal aus? Gibt es da Handlungsbedarf?Die Qualität des Personals ist sehr gut und ich bin begeistert von der Identifikationskraft und der Motivation der Mitarbeiter. Ein derart großes Engagement habe ich vorher noch nie irgendwo erlebt. Dennoch möchten wir unser eigenes Schulungsprogramm aufbauen. Dieses ist derzeit in Planung und steht unmittelbar vor der Umsetzung. Schulungen wird es sowohl hier in der St. Pöltner Zentrale als auch in den einzelnen Häusern geben. Dafür haben wir eine eigene Abteilung, die permanent vergrößert wird, sowie einige externe Trainer. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter eine Bezugsperson haben.
Und das sind Sie?Wenn ein Ozeanriese in schwere See gerät, dann muss die Crew erwarten, dass ein Kapitän auf der Brücke steht und das Schiff in einen sicheren Hafen geleitet. Und à la longue wollen wir mit diesem Schiff auf große Kreuzfahrt gehen, gemeinsam mit René Benko. Eine klare Ansage zur Expansion. Es ist zwar eine Herkulesaufgabe sich um bestehende Häuser zu kümmern, aber parallel dazu darf man nicht versäumen, über die eine oder andere Neueröffnung nachzudenken.
Expansion heißt auch zusätzliche Mitarbeiter. Wie sehen da Ihre Pläne aus?Wir haben insbesondere im Planungsbereich, vor allem in den Küchenabteilungen, mit fünfzig zusätzlichen Stellen nachjustiert, denn diese stehen aktuell im Fokus unseres Interesses, da die Küche die gesamte Möbelbranche vorantreibt. Und wir suchen aktuell auch wieder 160 Lehrlinge in diesem Jahr.
Abschließend noch ein Wort zum deutschen Möbelhandel, wo sie ja herkommen. Wo liegt der Unterschied zu Österreich?Ganz klar in der Präsentation und Inszenierung, da agiert Deutschland auf einem weitaus höherem Level. Hinkünftig soll man bei Kika/Leiner nicht nur das Bett kaufen, sondern gleich das gesamte Schlafzimmer.
Herr Gütebier, vielen Dank für das Gespräch.Reinhold Gütebier im WordrapKaffee oder Tee?
KaffeeWein oder Bier?
WeinSchnitzel oder Steak?
SteakHund oder Katze?
HundBuch oder Fernsehen?
FernsehenTheater oder Konzert?
KonzertMeer oder Berge?
MeerLebensmotto:
Ich esse gerne gut und trinke gerne guten Wein.
Factbox Kika/LeinerGegründet: 1910
Eigentümer: Signa-Retail-Gruppe
Geschäftsführung: Reinhold Gütebier (CEO), Darius Kauthe (CFO) und Oliver Müther (GF Einkauf)
Unternehmenszentrale: St. Pölten
Filialen: 42
Mitarbeiter: 4.700
Foto: Johannes Brunnbauer