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E-Special: Mobilfunk im Handel

Retail calling

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Spar, Hofer, Lidl und Tchibo/Eduscho sind mit eigenen Mobilfunk-Marken in einem hart umkämpften Markt unterwegs. Dabei setzen sie alle auf externe Infrastruktur und günstige Angebote.

Sie heißen S-Budget, HoT, S-Budget Mobile, Lidl Connect und Tchibo mobil: die Mobilfunkmarken der Handelsketten. Sie alle sind "virtuelle Anbieter" sind – also Dienstleister ohne eigene Infrastruktur. Diese wird von namhaften Telekommunikations-Unternehmen zur Verfügung gestellt. Durch das innovative Vertragsmodell – Fixpreise ohne Bindungsdauer oder Service-Gebühr – und die günstigen Tarife hat sich die Dynamik am Mobiltelefonie-Markt in den vergangenen Jahren verstärkt.

Innovation beim Veteranen

Ursprünglich 2011 im Netz von tele.ring gestartet, wird mittlerweile die Infrastruktur von Magenta verwendet. Spar Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann schildert die aktuelle Marktlage für den Handel: "Das Mobilfunkgeschäft und jeder Kunde sind seit Jahren hart umkämpft. Wir arbeiten daher ständig daran, das bestmögliche Angebot zu bieten. Aus diesem Grund haben wir auch ein neues Tarifportfolio entwickelt, mit dem wir Kunden viele Inklusivleistungen zu einem günstigen Preis anbieten und darüber hinaus auch in all unseren neuen Tarifen mehr Datenvolumen für das EU-Ausland vorgesehen haben. Auch können Kunden jetzt ihr nicht verbrauchtes Datenvolumen bis zum Doppelten des Monatsvolumens automatisch in den nächsten Monat mitnehmen. Das sind klare Vorteile gegenüber dem Mitbewerb."  Wie viele Kunden mit dem Spar-Mobilfunker S-Budget Mobile telefonieren, wird seitens des Händlers nicht bekannt gegeben.

Seitdem das "Börserl" die Tarife von S-Budget Mobile beworben hat, wurden diese verbessert - besonders beim Datenvolumen hat sich viel getan.
Spar
Seitdem das "Börserl" die Tarife von S-Budget Mobile beworben hat, wurden diese verbessert - besonders beim Datenvolumen hat sich viel getan.

Es geht heiß her

Der größte Handels-Mobilfunker ist laut eigenen Angaben HoT – kurz für Hofer Telekom – mit über 930.000 Kunden. Zusammen mit dem Slowenien-Ableger von HoT wird sogar die Millionen-Marke geknackt. Betreiber des Diskonter-Netzes ist das Unternehmen Ventocom, das auch HoT Slowenien, Allianz SIM, Liwest Mobil sowie Rapid Mobil anbietetund das Netz von Magenta (ehemals T-Mobile) benutzt. Bereits zum Start war HoT äußerst beliebt: Im ersten Quartal nach der Einführung zählte man 167.000 aktive Kunden. Neben den Tarifangeboten sind auch Handys regelmäßiger Bestandteil des In-and-Out-Sortiments von Hofer, darunter auch iPhones und Geräte der chinesischen Marke ZTE. Schon vor der Markteinführung von HoT hatte Hofer mit "yesss!" einen Diskont-Mobilfunk-Anbieter exklusiv im Sortiment. Nach der Übernahme von Betreiber eWave.at Telekommunikations durch die Telekom Austria im Jahr 2014 wurden SIM-Karten und Guthaben von yesss! auch bei  Rewe International, MPreis, Pagro und Libro gelistet. Laut eigenen Angaben hat HoT einen Gesamtmarktanteil von 7,1 Prozent, bei Prepaid-Produkten spricht man von 25 Prozent.

Eine Kundenbefragung der österreichischen Gesellschaft für Verbraucherstudien im September 2019 zeigte, dass HoT der beliebteste Mobilfunkanbieter ist.
Hofer
Eine Kundenbefragung der österreichischen Gesellschaft für Verbraucherstudien im September 2019 zeigte, dass HoT der beliebteste Mobilfunkanbieter ist.

Dynamischer Neuzugang

Newcomer Lidl, mischt seit Anfang Juli 2019 mit: Laut dem Diskonter wurden seit dem Marktstart über 60.000 SIM-Karten verkauft. Mit dem "Limbo Ö" gibt es eine Seltenheit bei der Tarifauswahl: Der mit 8 Euro monatlich günstigste Tarif funktioniert ausschließlich in österreichischen Netzen, Roaming ist nicht möglich. Zu Jahresbeginn 2020 wurde beim Kampf um die Gunst der Kunden nachgelegt, denn Geschwindigkeit sowie Datenvolumen der Tarife "Limbo L" und "Limbo XL" wurden erhöht. Zusätzlich kosten bis 1. März 2020 abgeschlossene Limbo L-Tarife ein ganzes "Tarifleben" lang nur 7,90 Euro, womit sich Lidl zeitweilig als der günstigste Anbieter im LEH positioniert. Hansjörg Peterleitner, Pressesprecher von Lidl Österreich, erklärt: "Der Mobilfunkmarkt in Österreich hat sich vor unserem Eintritt nur sehr wenig bewegt, mit Lidl Connect haben wir wieder frischen Wind in die Branche gebracht und punkten mit unseren günstigen Basis-Tarifen und wechselnden Monatsangeboten. Und diese Angebote kalkulieren wir mit dem spitzesten Bleistift, den wir finden. Das bedeutet, unsere Kunden können sich einfach darauf verlassen, dass sie bei uns immer den besten Preis am Markt bekommen."

Seit 2019 gehört Lidl auch zu den Mobilfunkanbietern unter den Händlern.
Lidl Österreich
Seit 2019 gehört Lidl auch zu den Mobilfunkanbietern unter den Händlern.

Tarif zur Röstung

Eine Handelskette gibt es neben Spar, bei der ebenfalls das unverbrauchten Datenvolumen in den Folgemonat mitgenommen werden kann: Tchibo/Eduscho ist zwar kein Vollsortimenter, zählt seit dem Frühling 2018 aber mit Tchibo mobil zu den Handels-Mobilfunkern. Um mit Tchibo mobil telefonieren oder surfen zu können, müssen Kunden zunächst eine Privat Card – das Treueprogramm des Händlers – besitzen. Entsprechend tragen alle angebotenen Tarife den Begriff "Privat" im Namen. Karteninhaber erhalten neben dem monatlichen Pensum an Freiminuten, SMS und Gigabyte zusätzlich "TreueBohnen", die beim Einkauf in Tchibo/Eduscho-Filialen oder im Onlineshop Vergünstigungen bringen. Monatlich werden so, abhängig vom Tarif, zwischen 80 Cent und 2 Euro durch die Punkte rückerstattet, bei der Anmeldung gibt es zusätzliche TreueBohnen. Diese können unter anderem für die Handys ausgegeben werden, die über Tchibo/Eduscho bestellt werden können. Dazu zählen Geräte von Apple und Samsung.
Zur Anzahl an Kunden hält sich das Unternehmen allerdings bedeckt.

Mit Tchibo mobil erweitert der Röstkaffeemarktführer das Nonfood-Sortiment um eine Auswahl an Tarifen.
Tchibo/Eduscho
Mit Tchibo mobil erweitert der Röstkaffeemarktführer das Nonfood-Sortiment um eine Auswahl an Tarifen.

Kommen und Gehen

2019 schrumpfte die Anzahl der Marktteilnehmer um einen oder zwei Anbieter, je nach Definition: Nach zweieinhalb Jahren hat der Elektrofachhändler MediaMarktSaturn das seit 2016 bestehende Tarifangebot von MediaMarkt Mobil und Saturn Mobil eingestellt. Grund für die Einstellung war nicht etwa mangelnder wirtschaftlicher Erfolg, sondern die Registrierungspflicht für SIM-Karten, mit der ein für MediaMarktSaturn nicht rentabler bürokratischer Aufwand einherging (siehe Story Handel mit Wert und Pflicht). Damit ist die Elektronik-Kette jedoch nur scheinbar komplett aus dem Mobilfunk-Markt ausgestiegen, denn die Marke "Georg!" gehört weiterhin zum Konzern. Ursprünglich als Kooperation mit T-Mobile/tele.ring gestartet ist der Anbieter 2014 ins Netz von A1 Telekom Austria gewechselt.

Keine Pläne bei Rewe International

LEH-Marktführer Rewe International hat kein eigenes Mobilfunk-Angebot im Sortiment. Pressesprecher Paul Pöttschacher hält fest: "Der Bereich Mobilfunk ist rasanten Änderungen unterworfen. Daher haben wir uns entschieden, aktuell alle vier Jahre auszuschreiben und uns nicht direkt in das Netz eines Providers einzukaufen oder mit eigenen Tarifen in den Markt einzusteigen. Hinzu kommt, dass der Mobilfunkmarkt in Österreich bereits sehr umkämpft ist." Auf die Frage, ob Rewe International nicht doch mit einer Sortimentserweiterung in diese Richtung liebäugelt, sagt Pöttschacher ganz deutlich: "Hierzu gibt es keine zukünftigen Pläne."
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