Der heimische MNS-Hersteller Hygiene Austria, eine Tochter von Palmers und Lenzing, steht unter dem Verdacht, aus China kommende Masken bloß umetikettiert zu haben – und das auch noch mithilfe von organisierter Schwarzarbeit. Das Unternehmen dementiert Verfehlungen und weist die Vorwürfe als "haltlos" zurück.
Hygiene Austria, Hersteller von FFP2- und Mund-Nasen-Schutz-Masken, ist Ziel einer Razzia geworden, wie ein Unternehmenssprecher der APA am Dienstagabend bestätigte. Durchsuchungen erfolgten demnach an zwei Adressen – in der Donau-City-Straße 11 in Wien am Unternehmenssitz von Palmers bzw. Hygiene Austria sowie in Wiener Neudorf in der ehemaligen Palmers-Zentrale, wo nun die Hygiene Austria ihren Produktionsstandort hat. Laut den Vorwürfen soll das Unternehmen aus China stammenden Masken auf "Made in Austria"-Produkte umetikettiert haben. Palmers hält 49,9 Prozent der Anteile am Unternehmen, der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing 50,1 Prozent. Palmers-Geschäftsführer Tino Wieser ist gleichzeitig einer der beiden Geschäftsführer von Hygiene Austria, auch der Firmensitz ist identisch.
Die Vorwürfe…
Laut Oberstaatsanwältin Elisabeth Täubl von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) werde ein Ermittlungsverfahren "wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs" geführt. "Hintergrund sind Ermittlungsergebnisse, wonach im Ausland produzierte FFP2-Masken an einem Unternehmensstandort in Österreich umgepackt und als in Österreich produzierte Marken zu einem höheren Preis verkauft worden sein sollen und für das Umpacken der FFP2-Masken sollen Personen ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung tätig gewesen sein", sagte die Oberstaatsanwältin gegenüber der APA.
… werden als haltlos zurückgewiesen
"Die Hygiene Austria LP weist die heute erhobenen, haltlosen Vorwürfe auf das Schärfste zurück", hieß es in einer ersten Stellungnahme der Unternehmensführung zur APA. "Wir kooperieren eng mit den Behörden und werden alles zur Aufklärung beitragen." Über die vergangenen zehn Monate habe die Hygiene Austria LP, mitten in der größten Pandemie des letzten Jahrhunderts, eine moderne Maskenproduktion mit mehreren hundert Mitarbeitern in Wiener Neudorf aufgebaut. "Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen werden der österreichische Lebensmittelhandel, namhafte Industrieunternehmen und damit die österreichische Bevölkerung mit Millionen hoch qualitativer Masken optimal versorgt", betonte das Management. Die Stellungnahme von Palmers zu den Vorwürfen fällt denkbar knapp aus: "Palmers und Hygiene Austria sind getrennt agierende, komplett eigenständige Unternehmen." Darüber hinaus wollte man sich gegenüber der Textilzeitung nicht zu den Vorwürfen äußern. Auch bei Lenzing verwies man bloß auf den Pressesprecher von Hygiene Austria.
Vier Behörden ermitteln
Laut WKStA wurden an zwei Unternehmensstandorten Hausdurchsuchungen mit richterlicher Bewilligung durchgeführt. Bei den Durchsuchungen waren demnach ein Oberstaatsanwalt der WKStA, Beamte des Landeskriminalamts (LKA) Niederösterreich, des Bundeskriminalamts (BKA) sowie der Finanzpolizei im Einsatz, hieß es gegenüber der APA. Im Ö1-Mittagsjournal berichtete ein Polizist, der ungenannt bleiben wollte, man sei bei der Razzia in Wiener Neudorf "knietief in chinesischen Masken gewatet". Die aus China bezogenen Masken seien bereits mit dem "Hygiene Austria"-Aufdruck geliefert worden, in Österreich sei lediglich der Beipackzettel beigefügt worden.
Die Schadenshöhe ist laut Oberstaatsanwältin noch Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Die Zuständigkeit der WKStA ergebe sich "derzeit primär aufgrund ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für das Delikt der organisierten Schwarzarbeit". Nähere Angaben zu beschuldigten Personen bzw. zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen könnten derzeit aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht gemacht werden.
Lebensmitteleinzelhandel prüft Maskenlieferung
Vertrieben wurden die Masken besonders auch über den Lebensmitteleinzelhandel. Spar-Sprecherin Nicole Berkmann erklärte, dass man "die Berichte mit Sorge zur Kenntnis genommen, weil wir viele dieser Masken bewusst eingekauft haben". Man habe dazu bereits Gespräche "auf hoher Ebene" geführt; die von Spar an Kunden abgegebenen Masken seien sicher, betonte die Sprecherin: "Wir haben die 100-prozentige Rückverfolgbarkeit, dass die von uns gekauften Masken auf jeden Fall in Österreich am Standort in Wiener Neudorf hergestellt worden sind." Auch die Rohware stamme aus Österreich, "und es liegen uns auch für unsere Masken Prüfgutachten vor, dass es sich wirklich um FFP2-Masken-Qualität handelt". Daher werde man die Masken wie bisher an Mitarbeiter und Kunden abgeben.
Auch Rewe International führt Masken von Hygiene Austria. "Wir prüfen das derzeit intern und sind in Kontakt mit
Hygiene Austria", sagte Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher. Momentan seien die Masken weiter im Verkauf, man prüfe die Qualität aber intern via Qualitätsmanagement. Rewe hat zudem Masken vom steirischen Produzenten Aventrium, aber auch aus China aufgenommen.
(Update) Hofer räumt ebenfalls ein, Masken von Hygiene Austria bezogen zu haben. "Auf Rückfrage wurde uns seitens Hygiene Austria versichert, dass es sich bei den gelieferten Masken auch tatsächlich um österreichische Ware handelt. Zusätzlich werden die Masken aktuell einer neuerlichen internen Prüfung durch unser Qualitätsmanagement unterzogen und wir haben die von Hygiene Austria bezogene Ware bis zur Klärung des Sachverhaltes vorsorglich aus dem Verkauf genommen. Hofer bezieht FFP2-Masken auch von einer Vielzahl anderer Lieferanten, weswegen die Versorgung auch weiterhin sichergestellt ist. Was alle weiteren Schritte betrifft, warten wir die finalen Ergebnisse der gegenständlichen Untersuchung ab und werden die weiteren Entwicklungen sehr genau beobachten", heißt es.
Der Diskonter Lidl Österreich hat nach eigenen Angaben keine Masken von Hygiene Austria bezogen.
Dieser Text erschien in Teilen zuerst auf www.textilzeitung.at.