Erich Lehner, Managing Partner Markets und Life Science Leader bei EY Österreich
Für eine Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY wurden 800 mittelständische, nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern in Österreich befragt.
Zu den Faktoren, die mittelständischen Betrieben auch in den vergangenen Jahren Kopfschmerzen bereitet haben, reihte sich 2020 mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Österreich ein weiterer ein. Die Folge: Die Einschätzung des eigenen Geschäftsklimas verschlechterte sich deutlich. Der Anteil jener Unternehmen, die ihre aktuelle Geschäftslage als uneingeschränkt positiv bewerten, ist gegenüber dem Vorjahr von 59 auf 37 Prozent gesunken – die Zahl derer, die sie als negativ einstufen, ist hingegen von acht auf 28 Prozent gestiegen. Dennoch schätzen immer noch sieben von zehn (72 %) KMU (Klein- und Mittelbetriebe) die Geschäftslage derzeit als eher gut oder gut ein, im Vergleich: zu Jahresbeginn 2020 waren es 92 Prozent.
Dass der Optimismus in Bezug auf die eigene Geschäftslage stark eingetrübt ist, wundert Erich Lehner, Managing Partner Markets und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich, nicht: "Für die kommenden Monate zeigen sich die heimischen Mittelständler so pessimistisch wie zuletzt 2008 am Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise – ein Viertel der Befragten rechnet sogar mit einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation. Doch gerade jetzt ist es wichtig, alle Kräfte zu sammeln und einen mutigen Blick nach vorne zu wagen. Getragen von Digitalisierung und Transformation ergeben sich für den Mittelstand auch Chancen, die es zu ergreifen gilt."
Neben der eigenen Geschäftslage trübt sich auch die Einschätzung der Binnenkonjunktur ein: Fast zwei Drittel der Mittelständler (63 %) gehen derzeit davon aus, dass sich die Wirtschaftslage hierzulande im ersten Halbjahr 2021 verschlechtern wird, nur jedes fünfte Unternehmen (20 %) erwartet eine Verbesserung der Inlandskonjunktur in diesem Zeitraum. Die Konjunkturaussichten sind somit so schlecht wie zuletzt 2009, als sogar 79 Prozent mit einer Verschlechterung rechneten. Die Investitionsbereitschaft bleibt allem Pessimismus zum Trotz relativ stabil. Immerhin jedes dritte Unternehmen in Österreich (33 %) möchte in den kommenden Monaten verstärkt investieren, bei der Hälfte (53 %) werden die Investitionen voraussichtlich gleichbleiben.
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Auch wenn die generelle Stimmung tendenziell negativ ist, sowohl was die Entwicklung der Geschäftslage, des Umsatzes als auch der wirtschaftlichen Lage betrifft, sind die mittelständischen Unternehmen bereit, Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren. Die Investitionsprämie hat hier sicher auch einen positiv verstärkenden Effekt. Viele haben erkannt, dass es Zeit wird, alte Strukturen aufzubrechen und Innovationen anzutreiben – nicht nur, um mit dem Mitbewerb mitzuhalten, sondern um selbst über Wasser zu bleiben. Ein Blick über den eigenen Tellerrand zahlt sich aus und kann gerade jetzt der entscheidende Schritt für den Mittelstand sein", so Erich Lehner.
Dieser Text erschien zuerst auf www.horizont.at.