WKO: Vorsichtig optimistische Bilanz
 
WKO-Harald Klemm
Handelsobmann Rainer Trefelik: "Die Divergenz ist noch mehr gestiegen als 2020. Manche machen ein Umsatzplus von 20 Prozent, andere ein Minus von 20 Prozent."
Handelsobmann Rainer Trefelik: "Die Divergenz ist noch mehr gestiegen als 2020. Manche machen ein Umsatzplus von 20 Prozent, andere ein Minus von 20 Prozent."

Die Wirtschaftskammer Österreich präsentiert ihre Handelsbilanz für das erste Halbjahr - die Umsätze pendeln sich leicht über dem Vorkrisenniveau ein, auch wenn die Divergenz weiter groß ist. Wie es weitergeht, wird vom weiteren Infektionsgeschehen abhängen.

Die gute Nachricht ist, dass sich der österreichische Handel in den vergangenen Monaten etwas erholen konnte, gebremst wird die Euphorie aber durch das steigende Infektionsgeschehen, wie Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKÖ bei der Präsentation der Halbjahresbilanz berichtet. In den ersten fünf Monaten 2021 konnte der Handel im Umsatz nominell um 11,8 Prozent zulegen und 114,2 Milliarden Euro generieren. Gegenüber 2019 ist das ein Plus von 0,8 Prozent. Aber "die Divergenz ist noch mehr gestiegen als 2020. Manche machen ein Umsatzplus von 20 Prozent, andere ein Minus von 20 Prozent", erläutert Peter Voithofer von Economica Institut für Wirtschaftsforschung. Denn während der LEH, Möbelhandel und Baumärkte weiter punkten können, sieht es vor allem im Bekleidungs- und Schuhhandel weniger rosig aus, auch Schmuck, Schreibwaren und Sportartikel haben das Vorkrisenniveau nicht erreicht.


Insgesamt konnte der Einzelhandel um 6,4 Prozent (4,3 im Vergleich zu 2019) zulegen, der Großhandel um 11,1 Prozent. Letzteres ist aber vor allem auf die gestiegenen Preise zurückzuführen, so Voithofer.

Das Wachstum im Onlinehandel hält weiter an, auch wenn sich die Dynamik weiter abschwächt und sich zum Teil wieder in den stationären Handel verlagert. Gleichzeitig erholen sich die Beschäftigungszahlen, die ein Spiegelbild der Umsatzsituation sind. Wie das zweite Halbjahr wird, wird sich zeigen. "Mit dem Anstieg der Beschäftigung sank auch die Arbeitslosenquote. So können 9,6 Prozent weniger Arbeitslose als im Vergleichszeitraum 2020 verzeichnet werden. Gleichzeitig stieg die Zahl der offenen Stellen auf 13.250, davon 70 Prozent im Einzelhandel", so Trefelik.

Weitere Umsatzzuwächse erwartet

Dennoch betont Voithofer, dass der Handel Planbarkeit braucht. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass man trotz unsicherer Zeiten vorausschauend agieren muss. Man appelliert an die Bevölkerung sich impfen zu lassen, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. Sollte das der Fall sein, bleibt man zuversichtlich und erwartet auch im zweiten Halbjahr Zuwächse. Dafür sprechen ein reales BIP-Wachstum im Gesamtjahr von 4,0 Prozent - laut WIFO-Juni-Prognose - eine Steigerung der Bruttowertschöpfung im Handel von 6,0 Prozent sowie ein erwarteter Rückgang der Sparquote von 13,9 Prozent im Jahr 2020 auf 10,2 Prozent im Gesamtjahr 2021. Im Handel wird mit einer realen Steigerung der Bruttowertschöpfung von 6,0 Prozent gerechnet, die damit über dem realen BIP-Wachstum liegen würde.

Service liegt im Trend

Um Kaufprozesse anzukurbeln, bedarf es auch Trends miteinzubeziehen. Dazu hat das IHaM Institut für Handel, Absatz und Marketing der Johannes Kepler Universität Datenbanken ausgewertet und Befragungen durchgeführt. "Wenn ich dabei eines gelernt habe", so Ernst Gittenberger, Leiter des Centre of Retail and Consumer Research an der JKU, "dann dass die Erwartungen an den Service gestiegen sind - sowohl online als auch offline." Für acht von zehn Österreicher spielen Service beim Einkaufen und in Ladengeschäften eine wichtige Rolle, für sieben von zehn auch beim Onlineshopping. 
„Die Menschen wollen wissen, was drin ist, Informationen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit, Transparenz. “
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"Einkaufen dient längst nicht mehr nur dem Konsumbedürfnis, sondern steht für Shoppingerlebnisse." Er sowie sein Kollege Christoph Teller nehmen dabei auf die fünf wichtigsten Trends in diesem Bereich Bezug: Premium Services, Digitale Services, Labeling und Proving, neue Einkaufsformate sowie Erlebnisshopping. 

Trends für Konsumenten, Handel muss nachschärfen

Für 70 Prozent werden vor allem Kennzeichnungen (Labeling) wichtig sind, ähnlich wie Information rund herum (Prove it). Die Menschen wollen wissen, was drin ist, Informationen zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit, Transparenz, führt Teller aus. Frei nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Aber auch Expertenberatung steht ganz oben auf der Liste der zentralen Bedeutungen für den Einzelhandel. Es geht darum, den Menschen wieder ins Zentrum zu stellen und Hilfestellungen zu bieten - auch digitale. Neue Kommunikationswege, Technologien und Beratung rücken in den Fokus, genauso wie neue Einkaufsformate. Dabei würde das Kreieren einer exklusiven Customer Experience einen Wettbewerbsvorteil schaffen. Die Möglichkeiten sind Vielfältig, aber eines scheint klar: Der Handel muss nachschärfen.




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