Brot sowie Süß- und Backwaren machen laut einer aktuellen Analyse der BOKU Wien 28 Prozent der vermeidbaren Mengen verschwendeter Lebensmittel aus. Um dem Problem Herr zu werden, nutzen Bäckereien kreative Möglichkeiten.
Insgesamt werden in Österreich jährlich rund eine Million Tonnen Lebensmittel verschwendet. Etwas weniger als ein Viertel davon stammt aus dem Bereich Brot-, Süß- und Backwaren. "Natürlich möchte man seiner Kundschaft einerseits eine vielfältige Auswahl anbieten. Jedoch ist es so, dass heutzutage die Erwartungshaltung besteht, zu jeder Uhrzeit volle Vitrinen vorzufinden, egal ob im Supermarkt oder in der Bäckerei. Sonst bleibt die Kundschaft aus. Daher braucht es Lösungen, die genau auf dieses Dilemma eingehen", so Yilmaz Duman, Geschäftsführer der Brötchenwelt.
"Niemand schmeißt gerne Lebensmittel weg"
Wie viel an einem bestimmten Tag verkauft wird, muss bereits in den frühen Morgenstunden entschieden werden. Die Nachfrage ist allerdings, neben dem Warendruck, der für volle Vitrinen am Ende des Tages sorgt, von Faktoren abhängig, die nicht im eigenen Einflussbereich liegen, wie beispielsweise das Wetter. "Übliche Verdächtige", die zu Ladenschluss entsorgt werden müssen, gibt es kaum. Ob Kornspitz, der Laib Brot, die Golatsche oder ganze Torten, je nach Sortiment kann alles einmal übrig bleiben.
Georg Strasser, Geschäftsführer von Too Good To Go, der App gegen Lebensmittelverschwendung, fasst das Problem zusammen: "Jeder Bäcker weiß aus Erfahrung ungefähr, wie viel am Ende des Tages übrigbleibt. Aber niemand kann vorhersagen, worauf die Kundschaft an dem Nachmittag Lust hat, oder eben auch nicht. Aber ich versichere Ihnen, niemand schmeißt gerne Lebensmittel weg."
Um dem Problem Herr zu werden, nutzen die Betriebe einige Möglichkeiten: die Zusammenarbeit mit karitativen Organisationen oder regionalen Landwirten, die Weiterverwendung zu Tierfutter oder dass Mitarbeiter die Speisen mit nach Hause nehmen. Trotzdem bleibt leider einerseits aufgrund der Menge, andererseits aufgrund der logistischen Hürden oftmals genießbare Ware übrig.
125 Flüge nach London
Seit rund einem Jahr nutzen einige Bäckereien To Good To Go. Über die App werden restliche Portionen vergünstigt an Selbstabholer weitergegeben. "Durch Too Good To Go entfallen zwar einerseits Entsorgungskosten, aber vor allem die Umwelt profitiert von dem Konzept", erklärt Stefan Heissenberger, Geschäftsführer des Grazer Betriebs Delikatessen Frankowitsch. Dabei können die Speisen direkt in der App bezahlt und als Überraschungssackerl abgeholt werden. Damit ist auch die Weitergabe von Kleinstmengen kein Problem mehr. Wie sehr die Umwelt dadurch entlastet wird, zeigt folgendes Beispiel: In vier Betrieben, welche die App nutzen, konnten insgesamt 15.000 Portionen noch vermittelt werden. Das entspricht einem CO
2-Ausstoß von 37,5 Tonnen oder 125 Flügen von Wien nach London. Seit August 2019 konnten mit Too Good To Go bereits über 310.000 Kilo Lebensmittel gerettet werden.