Konsumenten sehen sich heutzutage mit einer Fülle von Informationen zum Thema Ernährung konfrontiert und teils damit überfordert. CASH spricht mit Peter Reinecke und Marlies Gruber vom forum. ernährung heute über Komplexitätsreduktion und welchen Beitrag Handel, Industrie und Marken leisten können.
Marlies Gruber: Beim Thema Ernährung liegt die Problematik vor allem darin, dass es so vielschichtig ist. Daher tendieren wir dazu, den einfacheren Lösungen den Vorzug zu geben, beispielsweise bei der Übergewichtsdebatte. Es wird auf simple Lösungen gesetzt, obwohl Übergewicht ein komplexes Krankheitsbild ist, wo eine Maßnahme alleine nichts nützt und man ganzheitlich denken muss. Konsumenten verändern ihr Essverhalten einseitig, verzichten beispielsweise auf einzelne Produkte oder Inhaltsstoffe und wundern sich, dass dies nicht zum Erfolg führt und mitunter die Kosten und Mühen umsonst waren.
Wie kann man als Konsument diese Komplexität reduzieren und welchen Beitrag können Handel und Industrie leisten?
Reinecke: Simpel ausgedrückt ist Komplexität das Gegenteil von Einfachheit. Es gibt allerdings in der Realität immer eine Vielzahl an Variablen, die miteinander interagieren. Das macht das Ganze unüberschaubar, unvorhersehbar und nicht kontrollierbar. Das Hauptproblem ist die Unübersichtlichkeit, die häufig zu Überforderung des Menschen führt. Überforderung führt wiederum zu Verunsicherung und diese kann zu Fehleinschätzungen und Angst führen und sogar in Anfälligkeit für Manipulation enden. Zur erfolgreichen Bewältigung dieser Komplexität bieten sich im Wesentlichen drei Lösungsstrategien. Erstens: der Erwerb von Kompetenz. Also Urteilsvermögen durch Faktenwissen und Bildung. Hier unterstützt das f.eh durch Information und Wissensvermittlung. Zweitens: offene Kommunikation, wobei das f.eh unter anderem mit Veröffentlichungen sowie verschiedenen Diskussions- und Dialogformaten aktiv die transparente Kommunikation fördert. Drittens: Komplexitätsreduktion durch einfache und verständliche Information mit Fokus auf die wesentlichen Fakten und Zusammenhänge. Wer gut informiert ist, kann dann aufgrund dieses Wissens selbstständig und eigenverantwortlich entscheiden, was gut für sie oder ihn ist. Die Lebensmittelwirtschaft hat eine Verantwortung für die wirksame Komplexitätsbewältigung über die gesamte Wertschöpfungskette – vom Feld bis auf den Teller. Keine leichte Aufgabe, denn der Konsument fordert einerseits völlige Transparenz über die Beschaffenheit seiner Lebensmittel, was aber andererseits zu erhöhter Komplexität führt. Daher haben Handel und Industrie die Aufgabe, die Informationen so zu verdichten, dass eine angemessene Balance zwischen Transparenz und Komplexitätsreduktion im Sinne des Verbrauchers hergestellt wird.