Mit der neuen Leitlinie für Insekten als Lebensmittel dürfen diese nun verarbeitet werden. Zirp-Gründer Christoph Thomann hat sich für diese Änderung eingesetzt und erklärt im CASH-Gespräch, was mit Würmern und Grashüpfern nun alles möglich ist.
CASH: Herr Thomann, wir haben uns bereits Anfang 2020 über essbare Insekten unterhalten. Seither hat sich einiges getan.
Christoph Thomann: Es kommt mir länger vor. Damals hatten wir eine Leitlinie für die Insektenzucht und -Verarbeitung, die uns große Hürden in den Weg gelegt hat. Gemeinsam mit unseren Partnern waren wir an der Revision dieser Leitlinie beteiligt, die aus unserer Sicht gegen EU-Richtlinien verstoßen hat. Bis dato durften wir für den heimischen Markt nur ganze Insekten verkaufen und die Tiere nicht weiterverarbeiten. Viele Handelskonzerne haben deshalb gezögert und wir haben im Vergleich zu anderen Ländern etwa drei Jahre an Entwicklung verloren.
In der Leitlinie steht wortwörtlich: "Derzeit gibt es keine spezifischen Regelungen für gezüchtete Insekten (als Lebensmittel), wie es sie für andere Lebensmittel tierischer Herkunft gibt." Der Wilde Westen der Nahrungsmittelerzeugung ist die Insektenzucht aber nicht, oder?
Nein, definitiv nicht. Es gibt eine große Handvoll Züchter und verarbeitende Betrieben in Europa, die entsprechend hohe Standards setzen. Wir werden, wie ein Fleischbetrieb, auch vom Veterinäramt kontrolliert. Besonders auf die Hygiene und die Futtermittel wird hierbei Acht gelegt. Wir selber züchten ja nicht, aber unsere Zulieferer in Wien, Vorarlberg, Kärnten, Holland und Belgien leisten hier wirklich gute Arbeit. Als First-Mover hat man ja auch Vorbildfunktion.
Im Dokument werden explizit "ganze Insekten aus Zucht" erlaubt – ist die Verarbeitung zu Mehl also zulässig?
Ja, früher durften wie gesagt nur die ganzen Tiere getrocknet verkauft werden, jetzt dürfen die ganzen Tiere auch verarbeitet werden. Dafür werden die Insekten getrocknet und zermahlen, das Pulver lässt sich wie Mehl einsetzen und ist sehr proteinreich. Das Aufsplitten der Inhaltsstoffe wäre der nächste Schritt, hierfür benötigt es aber wiederum neue Zulassungen.