Das Tabu-Thema Menstruation schafft es immer mehr in den öffentlichen Diskurs – und das ist wichtig. Die Steuersenkung auf Menstruationsprodukte war dabei ein wichtiger Schritt.
Ist Ihnen aufgefallen, wie oft es dieses Jahr ein absolutes Tabu-Thema in die Medien geschafft hat? Die Berichte reichten von erfreulich über enttäuschend bis hin zu überraschend. Wobei eigentlich schon die Meldung allein, die Tatsache, dass öffentlich drüber gesprochen wird, als willkommen hervorzuheben ist. Die Rede ist von der Menstruation.
Gleich zu Beginn des Jahres machte Deutschland positive Schlagzeilen, weil die Steuern auf Menstruationsprodukte auf sieben Prozent gesenkt wurden, gleichzeitig machte sich Unmut breit, weil zum einen Slipeinlagen ausgenommen waren und zum anderen einige Hersteller wohl über eine Preiserhöhung nachdachten. Im Juni verursachte Harry Potter-Autorin Joanne K. Rowling einen regelrechten Shitstorm, weil sie sich auf Twitter über den Ausdruck "People who menstruate" lustig machte. "I'm sure there used to be a word for those people. Someone help me out. Wumben? Wimpund? Woomud?", schrieb sie. Ihr wurde Transphobie vorgeworfen, schließlich menstruieren nicht nur Frauen, sondern auch Transmänner. Dass es Menschen geben soll, die die Menstruation als ein für sie positives und erwähnenswertes Merkmal wahrnehmen, hatte Frau Rowling offensichtlich nicht auf dem Schirm. Wobei, wie hätte sie auch damit rechnen können, wenn man bedenkt, dass einer Untersuchung des Social Business für Menstruation & nachhaltige Monatshygiene
erdbeerwoche zur Folge allein 60 Prozent der jugendlichen Mädchen eine negative Einstellung zu ihrer Periode haben. Von den Jungen ganz zu schweigen. Das ist erschreckend. Auch das Wissen um den Zyklus und die Menstruation ist gering. Dabei spielt die Periode eine so wichtige Rolle. Sie gilt als Meilenstein auf dem Weg zum Erwachsenwerden, zur sexuellen Entwicklung. Sie ist ein Indikator für Gesundheit. Und eigentlich auch Grundlage für das menschliche Leben. Klar gibt es angenehmeres als zu bluten, aber es ist ein völlig normaler Vorgang, den es zu enttabuisieren gilt.
Ein Unternehmen, das sich seit seiner Gründung für Steuersenkungen und eine Enttabuisierung einsetzt, ist The Female Company. Und das sehr offensiv. Im Sommer polarisierte The Female Company mit der Kampagne "One Girl, One Cup", einer Werbung für Menstruationstassen mit viel roter Farbe, und erntete dafür jede Menge Hasskommentare. Das hält sie aber nicht davon ab, weiterzukämpfen. Eine erfreuliche Nachricht folgte im November, als Schottland verkündete Menstruationsprodukte in öffentlichen Gebäuden kostenlos anbieten zu wollen. Und nun, kurz vor Ende des Jahres hat man schließlich auch in Österreich beschlossen, zumindest die Umsatzsteuer von 20 auf 10 Prozent zu senken – anders als in Deutschland schließt die Steuersenkung auch Slipeinlagen mit ein.
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Steuersenkung auf Monatshygiene (Update 16.12)
Mehr als nur eine Tamponsteuer
Der Nationalrat hat die Steuersenkung auf Menstruationsprodukte mit Jänner 2021 beschlossen. CASH hat sich bei Industrie und Handel umgehört, wie dieser Vorstoß ankommt und sich auswirken wird.
Das ist ein Vorstoß, der längst überfällig war. Denn bislang waren die Produkte, die etwa die Hälfte der Bevölkerung Monat für Monat benutzt, als Luxusgut eingestuft, während zum Beispiel Trüffel und Austern zum Grundbedürfnis zählen und mit 10 Prozent nur halb so viel Steuern zu bezahlen hatten. Völlig absurd. Dabei ist eines sicherlich nicht zu bestreiten: Menstruation ist viel, aber bestimmt kein Luxus. Das sehen auch Hersteller und Händler ähnlich und begrüßen den Beschluss. Sie kündigen an, den Steuererlass 1:1 an die Kundinnen weiterzugeben.
Österreich ist in dieser Thematik kein Vorreiter, aber auch nicht Schlusslicht. In zahlreichen europäischen Ländern liegt der Steuersatz nach wie vor bei 20 Prozent oder höher. Um eine weitreichende Bewusstseinsschaffung zu manifestieren, ist das letzte Wort also noch nicht gesprochen. Der Diskurs wird weitergehen – allem Augenrollen und allen „Ekelig“-Kommentaren zum Trotz.
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Steuersenkung auf Monatshygiene
"Menstruation ist kein Luxus"
Wie die Regierung am Donnerstag bekannt gab, wird die Umsatzsteuer auf Tampons, Binden und Slipeinlagen ab Jänner 2021 von 20 auf 10 Prozent reduziert.