VÖM: Düstere Bilanz
 
Nikolic
Helmut Petschar und Johann Költringer präsentieren die aktuellen Zahlen der österreichischen Milchwirtschaft.
Helmut Petschar und Johann Költringer präsentieren die aktuellen Zahlen der österreichischen Milchwirtschaft.

Die Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) zieht Resümee über ein Jahr voller Herausforderungen und sieht noch viele zusätzliche Ungewissheiten und einen "enormen Kostendruck" auf ihre Mitglieder zukommen.

Zum Einstieg eine positive Nachricht: Die Umsätze der heimischen Milchverarbeiter sind laut VÖM 2021 um insgesamt rund 3,3 Prozent auf 3,05 Milliarden Euro gestiegen. Das Wachstum kam hauptsächlich aus dem LEH im In- und Ausland. Aufgrund der Corona-bedingten Schließungen der Gastronomie und Tourismusgebieten entgingen den Molkereien im Vorjahr erneut wichtige Absatzkanäle, wofür sie laut Informationen der VÖM auch keinen Ausgleich erhalten haben. "Besonders getroffen hat hier der gänzliche Ausfall der Wintersaison 2021 sowie zum Teil auch 2022. Diese Verschiebungen am Markt infolge der Coronakrise haben sich mit den Öffnungen erst teilweise wieder ausgeglichen", beklagt VÖM-Präsident Helmut Petschar. 

Trotz Umsatzwachstum sei die Ertragslage der Molkereien weiter gesunken. Grund dafür sind die massiven Preissteigerungen bei den Vorleistungen sowie jene Mehrkosten, die durch die Corona-bedingten Schutz- und organisatorischen Maßnahmen entstanden sind. Die mühsam erzielten Preissteigerungen bei den Milchprodukten konnten die massiv gestiegenen Kosten in den Molkereien und bei den Landwirten nicht abdecken, informiert VÖM-Geschäftsführer Johann Költringer.

Das Ergebnis vor Steuern bezogen auf den Umsatz ergab 2021 einen Wert von 0,8 Prozent und war nach dem Vorjahr (1,5 Prozent) damit neuerlich rückläufig. Die Milchexporte aus Österreich erreichten auf Basis der vorläufigen Zahlen der Statistik Austria mit 1,359 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert (+3,6 %).

Immer weniger Milchbauern

Der Strukturwandel hatte sich auch 2021 fortgesetzt. Die Anzahl der Milchbauern verringerte sich um 3,2 Prozent auf 23.868, während der Milchkuhbestand leicht zugelegt hat. Ein österreichischer Milchbauer hat im Durchschnitt 22,1 Kühe, was international betrachtet ein kleiner Wert ist. Die durchschnittliche Anlieferung je Landwirt stieg von 137,3 Tonnen auf 142,6 Tonnen. Das durchschnittlich ausbezahlte Milchgeld je Landwirt (Umsatz aus Milchverkauf) lag mit 63.907 Euro um 9,1 Prozent über dem Vorjahr.

Doch das ist nicht genug und reiche nicht, um die massiv steigenden Kosten für Energie, Verpackungsmaterial, Logistik und Co. zu kompensieren, warnen Petschar und Költringer. Die heimischen Landwirte würden rund 10 bis 15 Cent mehr pro Liter benötigen und die Molkereien eine Preisanpassung von 25 bis 30 Prozent, um kostendeckend wirtschaften zu können. Zu den Herausforderungen durch die Coronakrise brachte auch der Ukrainekrieg weitere Verschärfungen und Mehrkosten, wie etwa bei Futtermitteln, die "drastisch verteuert wurden". Besonders wichtig ist für die Milchwirtschaft die sichere Versorgung mit Gas, das zu 80 Prozent aus Russland kommt. Die beiden VÖM-Vertreter wünschen sich in diesem Zusammenhang eine Aufklärung seitens des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, inwieweit die Molkereien im Falle eines Energielenkungsgesetzes gezwungen wären, ihre Produktion zu drosseln. 

"Für die österreichische Milchwirtschaft ist in diesem sehr herausfordernden Umfeld entscheidend, dass jetzt die richtigen Weichenstellungen erfolgen. Es muss gewährleistet sein, dass die erhöhten Kosten für Vorleistungen abgegolten werden und nicht aufgrund der Handelskonzentration eine Teilhabe an einer positiven, internationalen Marktentwicklung verwehrt wird. Dazu bedarf es auch einer fairen Abgeltung der erhöhten Aufwendungen der Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie, wie sie von Handel und der Gesellschaft gefordert werden. All das ist Voraussetzung für eine künftige, sichere Versorgung mit hochwertigen Milchprodukten und den sonstigen umfassenden Leistungen der Milchwirtschaft in Österreich", appelliert Petschar. 

Ihm zufolge würde das im deutschen Handel bisweilen deutlich besser funktionieren. Er warte sich nun auch von den österreichischen Handelspartnern mehr Verständnis über die aktuelle Situation.

Lesen Sie mehr über das Thema im großen CASH-Interview mit Helmut Petschar in der April-Ausgabe, die am 28.4.2022 erscheint.

Umsatz Molkereien 2021
Berglandmilch: 983 Mio. €
NÖM AG: 364 Mio. €
SalzburgMilch: 245 Mio. € 
Rupp AG: 235 Mio. €
Gmundner Molkerei: 207 Mio. €
Prolactal: 140 Mio. € (im Jahr 2020)
Pinzgaumilch: 137 Mio. €
Geb. Woerle: 135 Mio. €
Obersteirische Molkerei: 118 Mio. €
Kärntnermilch: 110 Mio. €
Ennstal Milch: 107 Mio. €
Vorarlberg Milch: 51 Mio. €
Quelle: VÖM

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